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Wer ist für die Kampfmittelbeseitigung zuständig?

In Nordrhein-Westfalen ist die Kampfmittelbeseitigung nicht nur eine Frage der Gefahrenabwehr, sondern auch der korrekten behördlichen Zuständigkeiten. Der vorliegende Artikel erklärt die Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Behörden und zeigt auf, welche rechtlichen Grundlagen den Prozess regeln.

Die rechtlichen Grundlagen

Die Kampfmittelbeseitigung in NRW ist in der Ordnungsbehördlichen Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel (KampfmittelVO NRW) vom 12. November 2003 geregelt. Diese Verordnung ist noch gültig und gilt bis zum 31. Dezember 2031. Ergänzt wird sie durch die Technische Verwaltungsvorschrift für die Kampfmittelbeseitigung im Land Nordrhein-Westfalen (TVVKpfMiBes) vom 3. August 2005 sowie den aktuellen Runderlass zur Kostentragung vom 16. März 2022.

Nach § 1 Absatz 1 KampfmittelVO NRW ist der Schutz der Bevölkerung vor Gefahren, die von Kampfmitteln ausgehen, eine Aufgabe der Gefahrenabwehr, die den örtlichen Ordnungsbehörden obliegt. Da der Umgang mit Kampfmitteln besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, unterhält das Land zur Unterstützung einen staatlichen Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) bei den Bezirksregierungen.

Die Zuständigkeiten im Überblick

Die Verantwortung für Kampfmittelbeseitigung ist klar zwischen zwei Ebenen aufgeteilt:

Örtliche Ordnungsbehörden (Städte, Kreise) sind die primären Gefahrenabwehrer. Sie sind Ansprechpartner für Grundstückseigentümer und Bauherren und sind Antragsteller bei Flächenüberprüfungen. Sie treffen Entscheidungen über die Einschaltung des KBD und entscheiden bei Fällen, in denen nur eine diffuse (nicht konkretisierbare) Kampfmittelbelastung ohne konkrete Gefahr vorliegt.

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst bei den Bezirksregierungen ist die fachkundige Stelle. Er identifiziert Kampfmittelbelastungen, plant und organisiert Beseitigungsmaßnahmen, führt sie durch oder vergibt sie an private Räumfirmen und dokumentiert die Ergebnisse.

Regionale Aufteilung

Das Land ist in zwei Zuständigkeitsbereiche aufgeteilt:

  • Bezirksregierung Arnsberg, Dezernat 22/KBD: Verantwortlich für die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster (westfälisch-lippischer Landesteil).
  • Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 22/KBD: Verantwortlich für die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln (rheinischer Landesteil).

Aufgaben des Kampfmittelbeseitigungsdienstes

Die Hauptaufgaben des KBD sind:

  • Räumung von Zufallsfunden: Vorrangig und unverzüglich werden gemeldete Zufallsfunde bearbeitet und geräumt.
  • Luftbildauswertung: Überprüfung zukünftiger Bebauungsflächen anhand alliierter Luftbilder des Zweiten Weltkriegs.
  • Baugrundüberprüfungen: Überprüfung von Flächen auf Basis vorheriger Recherche mittels Ortserkundung, Detektion und ggf. feststellendem Bodeneingriff.
  • Vernichtung: Entschärfung, sprengstoffliches Vernichten und Abtransport geräumter Kampfmittel.
  • Dokumentation: Führung eines Kampfmittelbelastungskatasters zur Dokumentation geräumter und kampfmittelfreier Flächen.

Ausnahmen für private Räumfirmen

Seit der Änderung der KampfmittelVO NRW vom 16. März 2022 gibt es begrenzte Ausnahmen, in denen private Räumfirmen direkt tätig werden dürfen. Gemäß § 3 Absatz 2 sind dies:

  1. Bohrlochdetektionen im Rahmen von Spezialtiefbaumaßnahmen (z. B. bei Pfahl- oder Schlitzwandarbeiten) einschließlich Öffnung verdächtiger Signale.
  2. Baubegleitende Kampfmittelräumung in Bereichen, die vorab nicht mit anerkannten Detektionsverfahren untersucht werden konnten (z. B. bei Baugrubenarbeiten).

Jedoch gelten strenge Bedingungen: Diese Tätigkeiten dürfen nur auf Flächen stattfinden, für die nach Einschätzung des KBD keine konkreten Hinweise auf Kampfmittelbelastung vorliegen. Zudem muss ein Mindestabstand von 10 Metern zu Bereichen mit konkreten Belastungshinweisen eingehalten werden. Außerdem hat die staatliche Räumung der Fläche immer noch Vorrang. ​

Vor jeder Öffnung verdächtiger Signale muss der Termin frühzeitig mit der örtlichen Ordnungsbehörde abgestimmt werden. Anzeigepflichten nach dem Sprengstoffgesetz bleiben unberührt. Sollten Kampfmittel gefunden werden, muss die Ordnungsbehörde unverzüglich informiert und die Fundstelle sofort abgesperrt werden.

Gefahrenforschung versus Kampfmittelbeseitigung

Ein wichtiger Unterschied besteht zwischen Gefahrenforschung und Kampfmittelbeseitigung:

Die Gefahrenforschung (Recherche, Luftbildauswertung, Prüfung vorhandener Dokumentation) wird von den zuständigen Stellen kostenfrei durchgeführt und dient der Feststellung, ob ein staatliches Handlungserfordernis vorliegt. Die Kampfmittelbeseitigung beginnt erst mit der Recherche, wenn konkrete Hinweise vorliegen. Die dabei entstehenden Kosten trägt das Land NRW.

Liegt keine konkrete Gefahr, sondern nur eine diffuse Kampfmittelbelastung vor, gibt der KBD der Ordnungsbehörde eine fachliche Stellungnahme und Empfehlungen ab. Die Ordnungsbehörde entscheidet dann über das weitere Vorgehen und trägt ggf. die Kosten zusätzlicher Maßnahmen oder gibt diese an den Bauherrn weiter.

Kosten der Kampfmittelbeseitigung

Der aktuell gültige Runderlass Kostentragung vom 16. März 2022 regelt die Kostenverteilung:

Staat trägt die Kosten für:

  • Die Kampfmittelbeseitigung selbst (Detektion, Räumung, Bergung, Entschärfung, Sprengung, Abtransport) bei Vorliegen konkreter Hinweise auf Kampfmittelbelastung.
  • Luftbildauswertung als Teil der initialen Recherche.
  • Weitere Maßnahmen (Ortserkundung, feststellender Bodeneingriff), wenn konkrete Hinweise vorliegen.

Dritte (Grundstückseigentümer, Bauherren) tragen die Kosten für:

  • Bohrlochdetektionen und baubegleitende Kampfmittelräumung gemäß § 3 Absatz 2 KampfmittelVO NRW (auf eigene Rechnung).
  • Alle Vorbereitungsmaßnahmen: Vermessungsarbeiten, Herstellung der Leitungsfreiheit, Absperrungen, Evakuierungen, Beseitigung von Hindernissen, Wasserhaltung.
  • Nachbereitende Maßnahmen: Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bei Erdeingriffen.
  • Mehrkosten, die aus besonderen Rahmenbedingungen resultieren (z. B. gleichzeitige Baumaßnahmen, Spezialverfahren, Nachkriegsauffüllungen).

Sollte eine Ordnungsbehörde Kampfmittelbeseitigungsmaßnahmen wünschen, obwohl der KBD keinen Verdacht festgestellt hat, können die Kosten der Behörde in Rechnung gestellt werden. Werden bei solchen Maßnahmen dennoch Kampfmittel gefunden, übernimmt der Staat nachträglich die Kosten.

Rechtliche Verpflichtungen und Ordnungswidrigkeiten

Nach § 5 KampfmittelVO NRW sind verschiedene Handlungen Ordnungswidrigkeiten:

  • Nichtanzeige von Kampfmittelfunden (Geldbuße bis 1.000 Euro, bei gewerblicher Tätigkeit bis 25.000 Euro)
  • Unbefugter Umgang mit Kampfmitteln (Geldbuße bis 1.000 Euro, gewerblich bis 25.000 Euro)
  • Öffnung verdächtiger Signale ohne Absprache mit der Ordnungsbehörde (Geldbuße bis 25.000 Euro)
  • Nichtabsperrung von Fundstellen (Geldbuße bis 25.000 Euro)
  • Unbefugtes Betreten belasteter Flächen (Geldbuße bis 1.000 Euro)

Nach § 4 KampfmittelVO NRW ist das Betreten von Flächen, auf denen Kampfmittel entdeckt wurden, nur Angehörigen von Gefahrenabwehrbehörden und den vom KBD beauftragten Stellen gestattet.

Fazit

Die Kampfmittelbeseitigung in NRW folgt einem klaren behördlichen Konzept: Die örtlichen Ordnungsbehörden sind die ersten Ansprechpartner und tragen Gesamtverantwortung für die Gefahrenabwehr. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierungen ist die fachlich spezialisierte Stelle für Identifizierung und Beseitigung. Diese Aufgabenteilung gewährleistet sowohl Sicherheit als auch effiziente Ressourcennutzung – die bei Zufallsfunden vorrangig, die bei Flächenüberprüfungen koordiniert erfolgt. Wer mit Kampfmittelverdacht konfrontiert ist, sollte sich unverzüglich an die zuständige Ordnungsbehörde wenden; diese leitet alles Weitere ein.

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